Aktuelle Trainingszeiten ab 13.10.2023
Dienstag - 19.00-20.45 Uhr
Freitag - 19.00-20.45 Uhr
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Ein Artikel über Disziplin und Respekt im Training
Dieser Beitrag wendet sich hauptsächlich an meine Schüler. Eventuell könnte es aber auch für andere Lehrer interessant sein, speziell Junglehrer. Ich schreibe das hier auch nicht gern, in allen vorherigen Gruppen hatte ich das Problem nicht. Bei meiner aktuellen Gruppe gibt es jedoch massive Probleme, so dass dieser Artikel notwendig erscheint.
Im Laufe jeden Trainings kommt immer wieder von dem ein oder anderen Schüler die Frage auf "Wenn ich das aber nun so oder so oder so machen würde, was dann?" Und dann wird das auch direkt ausprobiert. Das Ergebnis ist entsprechend: Geprellte Rippen, blutige Lippen und und und ...
Woran liegt das? Warum tun die Schüler nicht einfach, was der Lehrer ihnen gesagt und gezeigt hat, warum verstoßen sie permanent gegen die Dojo-Regeln??? Dies gilt nicht für alle Schüler, soll jeder für sich selbst darüber nachdenken, ob er gemeint sein könnte.
Nun ja, da ist es mir als Lehrer wohl noch nicht gelungen, den Ablauf des Trainings und das Prinzip des ganzheitlichen Trainings (Shu Ha Ri) korrekt zu vermitteln, sie - die Schüler - haben noch nicht ansatzweise verstanden, dass sie sich noch sehr lange im Shu aufhalten werden. Selbst ich, der ich seit zwei Jahrzehnten übe, begebe mich auf Seminaren aus meinem vorsichtigen Ha zurück ins Shu. Und es hat mir nie geschadet.
Natürlich rede ich in jedem Training wie ein Buch, scheinbar aber entweder unverständlich oder zuviel, so dass die Schüler auf Durchzug schalten. Oder es liegt an etwas ganz anderem, nämlich dass die Leute von vornherein nicht zuhören. Warum muss ich beispielsweise dreimal das Kommando zum Aufhören und gucken/hinhören geben? Natürlich sind wir weder in der Schule noch bei der Armee, aber im Kampfkunsttraining ist Disziplin eine wichtige Grundlage. Und das nicht, um dem Lehrer einen Gefallen zu tun sondern vor allem um der eigenen Sicherheit wegen. In knapp 25 Jahren als Lehrer gab es in meinen Gruppen nie Unfälle - und mit der aktuellen Gruppe wird das auch nicht passieren. Was bisher passiert ist, war gerade noch an der Grenze, wenn jedoch einige Schüler nicht ganz schnell ihr Trainingsverhalten überdenken, könnte es auch mal böse ausgehen.
Die Ursache liegt eben in jenem "was wäre wenn". Nichts ist dann! Warum nicht? Weil die Frage nicht eindeutig zu beantworten ist. Würde ich tatsächlich auf jede dieser Fragen eingehen, würden die Schüler 1.000 Antworten auf 1.000 Fragen lernen. Aber was, wenn dann einer kommt und die 1.001 Frage stellt? Dann steht der Schüler da, weiß keine Antwort und Schuld ist - natürlich - der Lehrer. Und genau ein solches Training ist ineffektiv und das wollen wir nicht.
Jede Form will uns ein Prinzip vermitteln, deshalb lernen und üben wir die Formen. Wenn man darüber nachdenkt und das Prinzip dann verstanden hat, dann erübrigt sich jede Frage nach dem "was wäre wenn", denn die Antworten liegen vor einem wie in einem offenen Buch. Von daher muss jeder Schüler das Training vor seinem geistigen Auge wieder und wieder reflektieren. Beim nächsten Training besteht dann immer eine Möglichkeit über das, was man nicht verstanden hat, nochmals zu reden. Wohlgemerkt - über das, was man an der Form nicht verstanden hat, nicht über "was wäre wenn".
Ich habe für mich eine Konsequenz daraus gezogen: Wer nicht hören kann, muss fühlen. Ich werde in Zukunft jede was-wäre-wenn-Frage beantworten, allerdings nicht mit Worten sondern mit zeigen. Allerdings werde ich dann nicht mehr so zärtlich sein wie bisher. Meine Schüler wissen, dass ich derartige Fragen beantworten kann, sie wissen aber noch nicht wirklich, dass ich auch härter kann. Schaut Euch Videos mit Hatsumi Sensei an, da geht kein Uke ohne Schmerzen von der Matte. Wenn also in Zukunft jemand in meinem Training meint, er muss das so haben, dann habe ich kein Problem damit. Ich mag solch hartes Training eigentlich nicht, das bedeutet jedoch nicht, dass ich es nicht durchziehen kann.
Wenn ich das Gefühl habe, der Bewegungsablauf wurde verstanden, dann machen wir immer auch Henkas (Variationen). Keine Form sieht zweimal genau gleich aus und schon gar nicht trifft das bei Henkas zu. Henkas sollen den Schülern die Möglichkeit geben, tiefer in das Prinzip der Form vorzudringen. Sie sind nicht dafür gedacht, Experimente zu machen, die in Raufereien ausarten. Genau bei sowas kann dann nämlich doch ganz schnell etwas passieren, was nicht passieren darf.
Ich hoffe, diese Zeilen sind verständlicher als meine Worte beim Training - obwohl ich der Meinung bin, auch im Training ganz klare Anweisungen zu geben. Ihr habt die Wahl.
Vielleicht ändert Ihr einfach nur die Frage: "Wie stelle ich es an, dass der Gegner genau das macht, was ich will?" Wenn Ihr die Antwort darauf findet, wird alles viel leichter.
Und zum Abschluss noch etwas zum Nachdenken in diesem Zusammenhang: Es ist nicht von Bedeutung wie langsam Du gehst - solange Du nicht stehen bleibst. (Konfuzius)